Konzept und Herstellung des Bergungsgestells und der Bilderrahmen nach der Restaurierung
Junge Wilde im Heizungskeller
Quelle: Tagesspiegel vom 25.01.2000
In der Ruine der Akademie der Künste versuchen Restauratoren
Bilder aus den 50er Jahren zu bewahren
Von Lothar Heinke
Der wohl seltsamste Heizungskeller der Stadt. Große farbige Bilder schmücken die Wände, erzählen Geschichten, zum Beispiel so: schwarz gekleidete Männer mit gewaltigen Hüten sitzen an einer länglichen Tischplatte vor einem Schweinskopf, eine langgezogene Frauenfigur ist auch dabei. Oder: Ein dicker Hund steht wie eine Kommode neben einem hohen Tisch mit einem zweiten Hund, Jagdgewehr an der einen, Geweih an der anderen Wand. Die Bilder sind fröhlich und ausgelassen. Und wertvoll. Etwas für Kenner. Doch plötzlich drohte der Kunst im Keller Gefahr…
Der Ort der bunten Darstellungen ist die alte Akademie der Künste am Pariser Platz 4. “In der kulturpolitisch brisanten Zeit der fünfziger und sechziger Jahre kam es zu reichem Konfliktstoff und großen Aufregungen um die Meisterschülergeneration Manfred Böttcher, Wieland Förster, Dieter Goltzsche, Harald Metzkes, Ernst Schröder, Werner Stötzer, Horst Zickelbein und weiterer Künstler mit ihren von Fritz Cremer unterstützten Meisterschülerausstellungen. Gerade diese Generation der um 1930 Geborenen sollte sich künstlerisch als besonders stark erweisen und hatte wesentlichen Anteil an der Ausbildung der sogenannten Berliner Schule”, heißt es in einer Dokumentation der Akademie der Künste.
Einer der heute renommierten Künstler, Harald Metzkes, erzählt uns die kuriose Geschichte der Keller-Bilder: “Wir hatten unsere großen Meister, also Cremer, Seitz, Drake, Nagel und Heartfield, zum Fasching eingeladen, 1956 und 1957. Die Fete fand im Keller statt, Bildhauer Werner Stötzer gab das Thema vor, nach dem wir den Ort dann ausgemalt haben – es war die Moritat vom Wilddieb und vom Förster.” Metzkes hatte damals die größte Fläche zur Verfügung: Sein “Gastmahl der Wilderer” mit den schwarz gewandeten Herren breitet sich auf fast zwölf Quadratmetern aus, ist etwa fünf Meter breit und zweieinhalb Meter hoch. Die Wilderer-Ballade inspirierte auch Ernst Schröder (zur Szene mit dem dicken Hund) und Manfred Böttcher (“Der Wilderer im Wald”: Finsterling mit Flinte contra Hirsch auf Pirsch) – sieben Bilder sind es, mit denen sich seit Wochen die Fachwelt beschäftigt. “Die Arbeiten sind von großer historischer und kunsthistorischer Bedeutung”, sagt Gabi Dolff-Bonekämper vom Landesdenkmalamt, “sie bezeugen die Aktivitäten der Meisterschüler im buchstäblichen Untergrund der Akademie, zu einer Zeit, als im Galeriegeschoss für Bilder, die von der offiziellen Linie des sozialistishen Realismus abwichen, kein Raum war”. Hier sei es möglich gewesen, Inspiration und Auseinandersetzung mit den Größen der “Westkunst” zu suchen: In den Bildern fänden sich “Reflexe auf die Werke von Picasso, Matisse und Chagall”. Die jungen Wilden tobten sich gewissermaßen im Untergrund des Kellergeschosses aus, von sozialistischem Realismus keine Spur. Harald Metzkes kann sich sehr wohl an die Arbeiten, die nun 43 Jahre zurück liegen, erinnern: “Mir waren diese Sachen immer bewusst, und ich finde es schön, dass man sich um ihre Erhaltung bemüht. Ich habe das gute Gefühl, dass dabei Leute am Werk sind, die mit Achtung vor den Dingen umgehen”. Dazu gehören die Mitarbeiter der Akademie der Künste, die Denkmalpfleger, Restauratoren von “Restaurierung am Oberbaum” und die Bauleute der Fundus-Tochter “Bredero”.
Der Keller zieht sich unter dem Akademie-Gebäude von der Behrenstraße bis zum Pariser Platz. Der Teil, der in den Neubau der Akademie integriert wird, bleibt erhalten, was bedeutet, dass die Malereien in diesem “Schlauch” restauriert und später möglicherweise zugänglich gemacht werden. Den vorderen Teil mit den größten Gemälden von Metzkes, Schröder und Böttcher hat die Fundus-Fonds-Verwaltungs-GmbH erworben, um, wie uns der Generalbevollmächtigte Ottmar Braun erläutert, zur Behrenstraße hin mit dem “Adlon-Palais” ein exklusives Kongress-Zentrum zwischen Hotel Adlon und DG-Bank zu errichten. “Wir bauen in die Tiefe, also muss rasch gehandelt werden”, sagt Gisbert Beckmann von Bredero. Metzkes’ Bild mit der Tischszene wird jetzt komplett mitsamt der Wand, auf die es gemalt ist, herausgeschnitten und durch Verkleidungen in einer Spezialkonstruktion gesichert. Der Steinblock wird komplett etwa 13 Tonnen wiegen, das Bild mit dem Gastmahl (siehe Seite 9) soll später in der Passage zwischen dem Palais und der Akademie als Erinnerung an die Fünziger-Jahre-Zeit der Akademie aufgestellt werden, oder Fundus integriert es in seinen Neubau, der in den bemalten Kellerräumen ein edles Restaurant vorsieht. Andere Bilder werden von den Oberbaum-Restauratoren unter der Leitung von den Diplom-Restauratoren Jörg Breitenfeldt und Norma Schulz mit dem italienischen “Strappo”-Verfahren behandelt: Die Tempera-Malschicht wird abgenommen und auf einen neuen Träger aufgetragen. Ein kompliziertes Verfahren, das man vielleicht mit der Methode des Abziehbildes vergleichen kann. “Die Bilder sind relativ gut erhalten”, sagt Jörg Breitenfeldt – “ihre Rettung ist eine große Herausforderung!”
Artikel aus der FAZ: Restaurierung am Oberbaum